Es hat lange gedauert bis die Parteien sich auf die bereits letztes Jahr geplanten Steuererleichterungen ab 2024 einigen konnten. Nun wurden diverse Steuererleichterungen mit dem Wachstumschancengesetz am 27.03.2024 endlich verkündet. Allerdings wurden auch viele geplante Maßnahmen auf Grund der Blockade der CDU gestrichen.
Mit den Änderungen soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert werden und gleichzeitig Anreize für mehr Investitionen von Unternehmen durch steuerliche Erleichterungen geschaffen werden, um das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland zu stärken.
Wir geben Ihnen einen Überblick über die Neuregelungen. Die meisten greifen rückwirkend zum 01.01.2024.
Inhaltsverzeichnis
1. Einkommensteuer
1.1 Geschenke an Geschäftsfreunde
Die bisher geltende Grenze für Geschenke an Geschäftspartner wird von 35 € auf 50 € pro Jahr angehoben. Im Rahmen dieser können die Aufwendungen als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.
Angesichts der gestiegenen inflationsbedingten Preise ist dies eine zu begrüßende Änderung.
Diese Grenze ist ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen ein Netto-Betrag, für alle anderen bleibt diese unverändert eine Bruttogrenze, also inklusive der Umsatzsteuer.
1.2 Privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen
Bei einem betrieblichen PKW muss grundsätzlich der private Nutzungsanteil versteuert werden. Dies ist durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches bzw. der Anwendung der s.g. 1%-Methode zulässig. Maßgebend bei der Anwendung der Pauschalmethode ist der Bruttolistenneupreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeuges. Bei ausschließlich elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen kann die 0,25% Methode zur Ermittlung des Privatverbrauchs angewendet werden. Die bisherige Begrenzung des Bruttolistenpreises des Elektroautos wurde von maximal 60.000 € netto wird auf 70.000 € angehoben.
1.3 Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zum 1.1.2020 wurde die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens eingeführt und später mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31.12.2022 verlängert.
Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation kann die degressive Abschreibung auch für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 angeschafft worden sind.
Der mögliche Abschreibungssatz beträgt 20 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, höchstens das Zweifache der linearen Jahresabschreibung.
1.4 Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude
Für neue Gebäude (Belegenheit in der EU oder in einem EWR-Staat) die Wohnzwecken dienen, wird eine Möglichkeit zur degressiven Abschreibung von 5 % eingeführt. Der Steuerpflichtige erhält hier ein Wahlrecht die Neuregelung anzuwenden, die lineare Abschreibung von 3% in Anspruch zu nehmen oder zwischen beiden Abschreibungsarten zu wechseln. Im Jahr des Erwerbs oder Fertigstellung erfolgt die Abschreibungshöhe zeitanteilig.
Die degressive Abschreibung kann angewendet werden, wenn mit der Herstellung nach dem 30.9.2023 begonnen wird und das Objekt vor dem 1.10.2029 fertiggestellt oder erworben wird.
1.5 Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau
Daneben wurde die bereits bestehende Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau angepasst. Diese kann in Anspruch genommen werden, wenn durch eine Baumaßnahme neuer und vorher noch nicht vorhandener Wohnraum geschaffen wird.
Dafür muss entweder nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 (bisher 01.01.2027) ein Bauantrag gestellt worden sein.
Ab dem Tag der Nutzungsmöglichkeit des Wohnraums kann im Jahr der Fertigstellung und den folgenden 3 Jahren neben der „normalen“ Abschreibung die Sonderabschreibung in Höhe von 5% in Anspruch genommen werden.
Die Herstellungskosten dürfen in diesen Fällen allerdings 5.200 EUR (bisher 4 800 EUR) je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen beträgt maximal 4.000 EUR (bisher 2.500 EUR) je Quadratmeter Wohnfläche. Diese Regelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2023.
Beispiel:
Sie haben eine neue, begünstigte Wohnung (150 qm Wohnfläche) im November 2023 fertiggestellt. Die Herstellungskosten betrugen 450 000 €.
Ermittlung der Baukostenobergrenze
Die Baukostenobergrenze beträgt 780.000 € (Wohnfläche 150 qm × 5.200 €) und ist unterschritten. Damit ist die Sonderabschreibung möglich.
Bemessungsgrundlage
Die maximale Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung beträgt 600.000 € (150 qm x 4 000 €). Da die tatsächlichen Herstellungskosten unter dieser Grenze liegen, bilden diese auch die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung.
Berechnung der Abschreibung – Beispielhaft für 2023 und 2024
Beschreibung | Jahr 2023 ab 11/2023 | Jahr 2024 |
Sonderabschreibung | 450.000 € x 5% x 2/12 = 3.750 € | 450.000 € x 5% = 22.500 € |
„Normale“ Abschreibung | 450.000 € x 3% x 2/12 = 2.250 € | 450.000 € x 3% = 13.500 € |
Abschreibung gesamt | 6.000 € | 36.000 € |
Entlastung durch die Sonderabschreibung bei 45% Steuersatz | 3.750 € x 45% = ca. 1.700 € | 22.500 € x 45% = ca. 10.100 € |
Führt man die Berechnung über den Begünstigungszeitraum von 3 Jahren fort, so können Sie bei einem Spitzensteuersatz von 45% Ihre Steuerlast um ca. 40.400 € senken und somit Ihre Liquidität deutlich verbessern, z.B. für weitere Investitionen oder zur vorzeitigen Tilgung von Baudarlehen.
Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn die Grenzen der Förderung im Rahmen der De-minimis-Beihilfen nicht überschritten wird. Das bedeutet, dass innerhalb von den drei folgenden Veranlagungszeiträumen, in der die Begünstigung greift, der maximale Beihilfengesamtbetrag pro Unternehmen bzw. Investor von insgesamt 300.000 € Steuervorteil nicht überschritten darf. In unserem Beispielfall ist diese Voraussetzung erfüllt.
Dies Sonderabschreibung kann auch parallel zur vorher genannten degressiven Abschreibung genutzt werden.
1.6 Erhöhung der Sonderabschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter
Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens konnte bisher neben der linearen Abschreibung eine Sonderabschreibung (kurz Sonder-AfA) in Höhe von 20% in Anspruch genommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Gewinngrenze von 200.000 € nicht überschritten wird. Zukünftig beträgt diese bis zu 40%, vorgeschlagen wurden 50%, der Investitionskosten. Diese Regelung greift für alle angeschafften Wirtschaftsgüter nach dem 31.12.2023.
Für nähere Informationen zur Berechnung lesen Sie gerne unseren Newsletter vom 09.01.2024.
1.7 Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Die bisherige jährliche Freigrenze von 600 € (Zusammenveranlagung 1.200 €) für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften wird auf 1.000 € (Zusammenveranlagung 2.000 €) erhöht. Bis zu diesen Maximalbeträgen bleiben Gewinne stets steuerfrei.
Hiervon profitieren z.B. Privatanleger, dir kleinere Gewinne aus Bitcoin und anderen Kryptowährungen erzielen, da diese Gewinne als private Veräußerungsgeschäfte versteuert werden.
1.8 Gestrichene Maßnahmen in der Einkommensteuer
Die folgenden Steuererleichterungen wurden wegen der Blockade der CDU leider gestrichen:
- Freigrenze i. H. v. 1.000 EUR für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
- Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 EUR
- Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand bei Inlandsreisen
- Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 EUR
- Anhebung des Fördersatzes für die steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen
2. Umsatzsteuer
2.1 Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung
Unternehmen werden von der Abgabepflicht von Umsatzsteuervoranmeldungen befreit, sofern die Umsatzsteuerzahllast für das vorangegangene Kalenderjahr die Grenze von 2.000 € nicht überschritten hat, bisher lag diese Grenze bei 1.000 €. Das bedeutet, sofern diese Grenze unterschritten wird, sind Sie nur noch verpflichtet eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.
Kleinunternehmer werden künftig von der Abgabe der Umsatzsteuererklärung befreit werden.
2.2 Ist-Besteuerung
Die Grenze für Möglichkeit die Umsatzsteuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten zu berechnen, die sogenannten Ist-Besteuerung, wird von 600.000 EUR auf 800.000 EUR angehoben. Innerhalb dieser Umsatzgrenze müssen Sie daher nicht die Umsatzsteuer vor Vereinnahmung durch Ihren Kunden an das Finanzamt abführen. Hierzu ist ein Antrag beim zuständigen Finanzamt nötig.
2.3 Gestrichene Maßnahme bei der Umsatzsteuer
Der Umsatzsteuersatz in Höhe von 7% auf Gas- und Wärmelieferungen wird nicht verlängert. Ab 2024 werden auf die Abschläge wieder 19% Umsatzsteuer berechnet.
3. Weitere Anpassungen
3.1 Grenzen der Buchführungspflicht
Bei einem Gesamtumsatz von mehr als 600.000 € p.a. waren bisher gewerbliche Unternehmer und Land- und Forstwirte verpflichtet Bilanzen zu erstellen. Diese Grenze wird auf 800.000 € erhöht. In diesem Zusammenhang wurde auch die Gewinngrenze von bisher 60.000 € p.a. auf 80.000 €, die ebenfalls zu einer Buchführungspflicht führen kann, erhöht. Damit können Unternehmer, die unterhalb dieser Grenzen liegen eine vereinfachte Gewinnermittlung für das Finanzamt erstellen.
3.2 Gestrichene Maßnahme
- Die Einführung einer Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen wird nicht eingeführt.
- Die geplante Investitionsprämie für den Klimaschutz wird nicht umgesetzt.
Bei Fragen oder Beratungsbedarf wenden Sie sich gerne direkt an uns.
Bildquelle: AdobeStock_514030420
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