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Dieses Jahr dauert es leider etwas länger:

Auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum Nachtragshaushalt 2021 gibt es nicht nur Verzögerungen beim Bundeshaushalt 2024, sondern auch beim Jahressteuergesetz 2023, genannt Wachstumschancengesetz. Es wird voraussichtlich erst im Januar 2024 verabschiedet. Der Entwurf des Gesetzes enthält einige steuerliche Änderungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch umgesetzt werden.

In diesem Newsletter werden wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Wachstumschancengesetzes geben. Wir vervollständigen bzw. passen die nachfolgende Auflistung an, sobald die Steueränderungen für 2024 endgültig verabschiedet wurden!

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1.      Was ist das Wachstumschancengesetz?

 

Das Wachstumschancengesetz ist eine Initiative der Regierung, die darauf abzielt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. Es enthält eine Reihe von Maßnahmen und Reformen, die verschiedene Branchen und Unternehmensgrößen betreffen.

 

2.      Welche Änderungen sollen in Kraft treten?

 

2.1. Grundfreibetrag ab 2024

 

Um die kalte Progression, die durch die Inflation entsteht, abzumildern, soll das steuerfreie Einkommen, dass jeder Bürger verdienen kann, bevor eine Einkommensteuer anfällt, angehoben werden. Im Jahr 2024 fällt Einkommensteuer erst an, wenn Ihr zu versteuerndes Einkommen den Grundfreibetrag von 11.604 € bei Ledigen und 23.208 € bei Verheirateten übersteigt. Im Jahr 2022 betrug der Grundfreibetrag im Vergleich dazu noch 10.908 € bzw. 21.186 €.

Dieser neue Grundfreibetrag gilt zunächst ab dem Jahreswechsel. Dabei soll es aber nicht bleiben: Im Frühjahr soll eine weitere Erhöhung auf 11.784 Euro beschlossen werden, die rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt.

 

 

2.2. Solidaritätszuschlag entfällt für die meisten Steuerzahler

 

Ob im Jahr 2024 noch ein Solidaritätszuschlag gezahlt werden muss, hängt von den nachfolgenden verschiedenen Faktoren ab:

  • Der Solidaritätszuschlag wird weiterhin auf Kapitalerträge erhoben, die der Abgeltungsteuer unterliegen.
  • Solidaritätszuschlag fällt weiterhin bei Steuern für Kapitalgesellschaften, zum Beispiel bei Gewinnausschüttungen, an.
  • Für alle anderen Steuerzahler betrifft der Solidaritätszuschlag nur Spitzenverdiener, deren Einkommensteuer mehr als 18.130 Euro bzw. 36.260 Euro (für Ledige bzw. zusammenveranlagte Eheleute) beträgt.

 

2.3. Kinderfreibetrag wird erhöht, Kindergeld bleibt unverändert

 

Der Kinderfreibetrag wird für das Jahr 2024 auf 3.192 EUR je Elternteil erhöht. Das Kindergeld bleibt ab dem 1.1.2024 unverändert bei 250 EUR für jedes Kind.

 

2.4. Das Essen im Restaurant wird wieder teurer

 

Die Reduzierung der Umsatzsteuer von 19% auf 7% Prozent auf Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen sollte die Gastronomie in der Corona-Pandemie entlasten. Eine Verlängerung dieser Vergünstigung über den 31.12.2023 hinaus wird es nicht geben. Ab dem 1. Januar 2024 steigt der Steuersatz wieder auf die ursprünglichen 19% an.  So entstehende Kosten werden die Gastronomiebetriebe sicherlich an ihre Kunden durchgeben müssen. Kurz gesagt: Das Essengehen wird teurer.

 

2.5. Neue Freigrenze für geringe Mieteinkünfte & private Veräußerungsgeschäfte

 

Für die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung wird voraussichtlich ab 2024 eine Steuerfreigrenze in Höhe von 1.000 Euro eingeführt. Liegen die Einnahmen vor Abzug der Ausgaben unter dieser Freigrenze sind in der Steuererklärung keine Angaben mehr zum Mietverhältnis nötig.

Parallel soll auch die Freigrenze von 600 Euro für private Veräußerungsgeschäfte auf 1.000 Euro angehoben werden, diese betrifft z.B. Handel mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin.

 

2.6. Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen ab 01.01.2024

 

Unternehmen sollen von der Abgabepflicht von Umsatzsteuervoranmeldungen befreit werden, sofern die Umsatzsteuerzahllast für das vorangegangene Kalenderjahr die Grenze von 2.000 € nicht überschritten hat, bisher lag diese Grenze bei 1.000 €. Das bedeutet, sofern diese Grenze unterschritten wird, sind Sie nur noch verpflichtet eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.

Kleinunternehmer*innen sollen künftig von der Abgabe der Umsatzsteuererklärung befreit werden.

 

2.7. Elektro-Fahrzeuge

 

Bei einem betrieblichen PKW muss grundsätzlich der private Nutzungsanteil versteuert werden. Dies ist durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches bzw. der Anwendung der s.g. 1%-Methode zulässig. Maßgebend bei der Anwendung der Pauschalmethode ist der Bruttolistenneupreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeuges. Bei ausschließlich elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen kann die 0,25% Methode zur Ermittlung des Privatverbrauchs angewendet werden. Bisher galt allerdings die Voraussetzung, dass der Bruttolistenpreis des E-PKWs nicht mehr als 60.000 € netto betragen darf. Diese Grenze soll ab 01.01.2024 auf 80.000 € angehoben werden.

 

2.8. Verpflegungsmehraufwendungen:

 

Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen und Auswärtstätigkeiten im Inland werden voraussichtlich wie folgt angepasst:

 

Dauer Pauschale
Abwesenheit MEHR als 8 Stunden 15 €
An- und Abreistag bei mehrtätigen Dienstreise jeweils 15 €
Abwesenheit von 24 Stunden 30 €

 

Im Zuge dessen werden auch die Verpflegungspauschalen bei Auslandsreisen angehoben (siehe ab Seite 4 des nachfolgenden verlinkten Dokuments):

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2023-11-21-steuerliche-behandlung-reisekosten-reisekostenverguetungen-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=1

 

 

2.9. Geschenke an Geschäftspartner

 

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll die bisherige Grenze für Geschenke an Geschäftspartner von 35 € netto auf 50 € netto angehoben werden. Diese Grenze ist ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen ein Netto-Betrag, für alle anderen bleibt diese unverändert eine Bruttogrenze, also inklusive der Umsatzsteuer.

 

2.10. GWG – Geringwertige Wirtschaftsgüter

 

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll die bisherige Grenze von 800 € netto auf 1.000 € netto angehoben werden. Das bedeutet, dass die Anschaffungskosten von beweglichen, selbstständig nutzbaren und abnutzbaren Wirtschaftsgüter ab 2024 zum Zeitpunkt der Anschaffung voll als Betriebsausgabe abgezogen werden können, sofern die Anschaffung maximal 1.000 € beträgt.

 

2.11. Erhöhung der Sonderabschreibung:

 

Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann derzeit neben der linearen Abschreibung eine Sonderabschreibung (kurz Sonder-AfA) in Höhe von 20% in Anspruch genommen werden. Diese Regelung soll nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden, auf 50% erhöht werden.

Die Sonderabschreibung, die ab 2024 auf 50% erhöht werden soll, ist eine rein steuerliche Vorschrift, die ausschließlich in einem Begünstigungszeitraum von maximal 5 Jahren nach der Anschaffung angewendet werden kann. Die Sonder-AfA kann innerhalb von 5 Jahren zusätzlich zur linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden. Diese Abschreibung wird im Jahr der Anschaffung nicht zeitanteilig gekürzt, sodass auch bei einer Anschaffung im Dezember der volle Betrag der Sonderabschreibung als Betriebsausgabe abgezogen werden kann.

Neu ist zudem, dass in den Folgejahren die normale laufende Abschreibung nicht sinkt, sondern stattdessen der Abschreibungszeitraum verkürzt wird, wie in unserem Beispiel unten dargestellt.

Begünstigt sind nur Betriebe, deren Gewinn im Jahr vor der Inanspruchnahme nicht mehr als 200.000 € betragen hat. Bei der Ermittlung der Gewinngrenze von 200.000 € bleiben eventuell gebildete Investitionsabzugsbeträge unberücksichtigt.

Beispiel zur Veranschaulichung:

Sie als Unternehmer*in kaufen eine Maschine für 100.000 Euro. Die normale Abschreibungsdauer beträgt 10 Jahre, also würde das Unternehmen ohne Sonder-AfA jedes Jahr 10.000 Euro gewinnmindernd abschreiben.

Mit der Einführung einer Sonder-AfA von 50% im ersten Jahr ändert sich der Abschreibungsplan wie folgt:

Jahr 2024:

Sie können zusätzlich zur regulären Abschreibung von 10.000 Euro (100.000 Euro / 10 Jahre) eine Sonderabschreibung von 50.000 Euro (50% von 100.000 Euro) geltend machen.

Insgesamt könnte das Unternehmen also 60.000 Euro im Jahr 2024 abschreiben (50.000 Euro Sonder-AfA + 10.000 Euro reguläre AfA).

Steuerentlastung im Erstjahr:

Gewinn vor Abschreibung 80.000 Euro
   
Normale Abschreibung  
Gewinn 80.000 Euro
abzgl. Abschreibung 10.000 Euro
steuerlicher Gewinn 70.000 Euro
Steuerbelastung bei 42% (fiktiv) 29.400 Euro
   
   
Sonder-AfA und normale Abschreibung  
Gewinn 80.000 Euro
abzgl. Abschreibung 10.000 Euro
Sonderabschreibung 50.000 Euro
steuerlicher Gewinn 20.000 Euro
Steuerbelastung bei 42% (fiktiv) 8.400 Euro

 

Bei diesem Beispiel ergibt sich durch die „eingesparten“ Steuern von 21.000 € ein Liquiditätsvorteil.

Jahre 2025 bis 2028:

Innerhalb des 5-jährigen Begünstigungszeitraums ist weiterhin der Abzug der normalen Abschreibung von jährlich 10.000 Euro möglich.

Abschreibung ab 2029:

Der verbleibende Anschaffungswert von 0 Euro (100.000 Euro Anschaffungskosten – 50.000 Euro Sonder-AfA –  5x 10.000 Euro normale Abschreibung) wird über die restlichen 5 Jahre der Nutzungsdauer abgeschrieben. Da das Wirtschaftsgut bereits in den Vorjahren voll abgeschrieben wurde, entfällt eine weitere gewinnmindernde Abschreibung für die restliche Zeit der Nutzungsdauer.

Gestaltungshinweis:

Der Sonderabschreibungssatz von 50% muss nicht zwingend im Jahr der Anschaffung voll in Anspruch genommen werden. Die zusätzlich steuerliche Abschreibung kann innerhalb des Begünstigungszeitraums voll in Anspruch genommen bzw. verteilt werden. Damit besteht im Hinblick auf die Steuerbelastung ein gewisser Spielraum, um die Liquidität durch geringere Steuerzahlungen zu sichern.  Auch im Hinblick auf die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages für geplante Investitionen in Anlagevermögen eröffnet sich ein steuerlicher Gestaltungsraum, der einen positiven Einfluss auf Ihre Steuerlast haben könnte. Sollten Sie sich davon angesprochen fühlen, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf. Gerne zeigen wir Ihnen ganz individuell Ihre mögliche Steuerentlastung auf.

 

2.12. Investitionsprämie Klimaschutz

 

Die Investitionsprämie für den Klimaschutz ist eine staatliche Fördermaßnahme, die Unternehmen Anreize bietet, in umweltfreundliche Technologien und Wirtschaftsgüter zu investieren. Die Prämie ermöglicht es Unternehmen, einen Teil der Kosten für klimafreundliche Investitionen steuerlich geltend zu machen und somit ihre Steuerlast zu reduzieren.

Für die Abschreibung müssen ab dem Zeitpunkt der Festsetzung der Investitionsprämie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die gewährte Prämie gekürzt werden.

Damit eine Förderung möglich ist, muss zwingend nachgewiesen werden, dass die Anschaffung die Energieeffizienz des Unternehmens verbessert. Dies ist an Hand eines Einsparkonzeptes durch einen zertifizierten Energieberater nachzuweisen.

Betroffen von der Förderung sind bewegliche Wirtschaftsgüter. Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten je Wirtschaftsgut müssen mindestens 5.000 € betragen und Investitionen in entsprechende Wirtschaftsgüter müssen mindestens 10.000 € betragen. Nach dem jetzigen Entwurf können bis zum Ablauf der Förderfrist am 01.01.2030 maximal 2 Anträge je Berechtigtem gestellt werden. Gefördert werden maximal 200.000.000 €. Die Investitionsprämie beträgt 15% der angefallenen Kosten für das Wirtschaftsgut.

Beispiele für förderfähige Investitionen:

  • Photovoltaik-Anlagen: Die Installation von Solaranlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie kann förderfähig sein.
  • Energieeffizienzmaßnahmen: Investitionen in die Verbesserung der Energieeffizienz von Maschinen oder Anlagen können gefördert werden.
  • Elektromobilität: Der Kauf von Elektrofahrzeugen oder der Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge kann förderfähig sein.
  • Erneuerbare Energien: Investitionen in Windkraftanlagen, Biomasseanlagen oder Wasserkraftprojekte können förderfähig sein.
  • Wärmedämmung: Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden können gefördert werden.
  • Abfall- und Wassermanagement: Investitionen in umweltfreundliche Abfall- und Wasseraufbereitungsanlagen können förderfähig sein.

Ein entsprechender Antrag soll dann beim zuständigen Finanzamt gestellt werden. Wie das Antragsverfahren ablaufen soll, ist bisher nicht bekannt. Details der Prämie sollen mit der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes bekannt gemacht werden. Wir informieren Sie natürlich über die aktuellen Entwicklungen.

 

2.13. Meldepflicht nationale Steuergestaltungen:

 

Es soll eine neue Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen im Gesetz aufgenommen werden. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw. werden damit verpflichtet, dass alle relevanten Gestaltungen gemeldet werden, um steuerliche Risiken zu vermeiden. In welchem Umfang und welche Gestaltungen davon betroffen sind ist derzeit noch nicht eindeutig geklärt.

 

2.14. Abgabefristen der Steuererklärungen

 

Die Finanzverwaltung gewährt Unternehmern und Steuerpflichtigen, die von einem Steuerberater betreut werden, folgende verlängerte Abgabenfristen, die weiterhin helfen sollen in den Steuerberaterkanzleien die damaligen Mehrbelastungen aus der Corona-Krise abzufangen.

 

Veranlagungsjahr Fristablauf
2022 31.07.2024
2023 31.05.2025
2024 30.04.2026

 

 

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit den Einblicken helfen konnten, sich auf die bevorstehenden Änderungen und Möglichkeiten im Steuerjahr 2024 vorzubereiten.

Falls Sie weitere Fragen haben oder eine individuelle Beratung wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

 

Bildquelle: AdobeStock_677568881

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